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Veranstaltungsbericht des Bürgerdialoges vom 13.11.2018

Amt Neuzelle, den 22. 11. 2018

 

Bürgerdialog

„Herausforderung Digitalisierung: Was macht die Politik? Was erwarten VerbraucherInnen?"

vom 13. November 2018 Neuzelle (Oder-Spree)

Auch in diesem Jahr wird auf Initiative der Europäischen Kommission und des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg in verschiedenen Städten und Gemeinden zum Gespräch über Europa eingeladen.

Im siebten Bürgerdialog am 13. November 2018 in der Gemeinde Neuzelle lag der Fokus auf dem Themenschwerpunkt „Digitalisierung". Ins Gespräch mit den BürgerInnenn traten Reiner Kneifel-Haverkamp, Abteilungsleiter Europaangelegenheiten im Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Gerd Köhler, Referent im Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz, Nikolaus von Peter, von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland sowie Dietmar Baesler, Bürgermeister von Neuzelle. Die Moderation übernahm Vanja Budde, Landeskorrespondentin für Brandenburg des Deutschlandradios und Mitglied der Landespressekonferenz Brandenburg e. V.

Teilnehmende des Bürgerdialogs waren circa 20 BürgerInnen, darunter ortsansässige UnternehmerInnen, Angestellte des Stahlwerks Eisenhüttenstadt, SeniorInnen sowie LehrerInnen und SchülerInnen ansässiger und umliegender Schulen. Organisiert wurde der Bürgerdialog von der Deutschen Gesellschaft e. V. in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Neuzelle, dem „Bündnis Brandenburg" und dem „Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburg e. V." (Venrob).

In seinem Grußwort an das Publikum sprach Dietmar Baesler über die Notwendigkeit, das Thema Digitalisierung anzusprechen und v. a. anzupacken. Für ihn sei es eines der wichtigsten Themen über die gegenwärtig gesprochen werden muss, denn der Internetzugang sei mittlerweile genauso essentiell wie der Strom- und Wasseranschluss. Um den brandenburgischen Raum zu erhalten und Abwanderung zu verhindern, müsse das Leben vor Ort auch im „digitalen Zeitalter" attraktiv bleiben. Der Zugriff auf schnelles Internet sei dafür besonders für junge Menschen und Familien eine Grundvoraussetzung.

 

Mangelnde Breitbandförderung ist eine Gefahr

Den Neuzeller BürgerInnen zufolge seien Internetzugang und -geschwindigkeit in der Gemeinde und Umgebung sehr durchwachsen. Während in den Städten zumindest bis in die Abendstunden guter Empfang bestünde, müsse sich in den ländlichen Gegenden darauf eingestellt werden, dass weder Internet noch Empfang bestünden. Dies stelle nicht nur für Privatpersonen und Betriebe ein großes Problem dar, sondern auch für Schulen oder Akteure aus der Tourismusbranche. Durch eingeschränkte Erreichbarkeit oder langsame Internetverbindungen bestünden erhebliche Nachteile für die ansässigen Firmen. So berichtet ein Gastronom aus Neuzelle, dass es den TouristInnen oft nicht möglich sei, mit ihrem Handy nach Hotels oder Restaurants in Neuzelle zu suchen, und deshalb in die nächsten Orte weiterfahren würden. Firmen seien dadurch weniger wettbewerbsfähig. Der Bürgermeister bedauerte diesen Zustand, allerdings hätte er bereits alle Voraussetzungen für den Netzausbau geschaffen, es läge nun in den Händen der Politik, die fertigen Pläne endlich umzusetzen. Kneifel-Haverkamp führte als mögliche Gründe für den rückständigen Ausbau einerseits den Fokus auf Metropolen wie Potsdam und anderseits eine Politikergeneration an, die die Bedeutung der Digitalisierung lange unterschätzt hätte. Von Peter führte überdies die langwierigen Verfahren zwischen Bund und Ländern als Ursache für die Verzögerung beim Netzausbau an.

 

Internet als Grundrecht gefordert

Wie schon auf dem ersten Bürgerdialog zum Thema „Digitalisierung" in Forst (Lausitz) sowie auf dem Bürgerdialog in Treuenbrietzen, wurde auch in Neuzelle erneut der Wunsch geäußert, den Internetzugang zur Daseinsvorsorge zu zählen. Zusammengefasst haben sich hauptsächlich drei große Sorgen der BürgerInnen im Laufe der Veranstaltung herauskristallisiert: Erstens verliere die Region durch den schlechten Internetzugang maßgeblich an Attraktivität für junge Menschen, da Leben, Wohnen und Arbeiten stark eingeschränkt werden. Zweitens sei die Netzqualität in öffentlichen Institutionen nicht gesichert, viele Schulen besäßen keinen oder nur schlechten Zugang zum Internet. Chancengleichheit in der Bildung sei somit nicht gegeben. Drittens sei der Tourismus – eine große Einnahmequelle für Brandenburg – von dem mangelnden Beitbandausbau betroffen. Dazu gehöre nicht nur die mangelnde digitale Vernetzung mit anderen Tourismusverbänden, sondern auch Werbung und die Bereitstellung von gut funktionierendem WLAN für 3

BesucherInnen. All dem könne man aufgrund der aktuellen Situation in Neuzelle nicht gerecht werden.

Aus eigener Kraft ließe sich ein Ausbau aufgrund der hohen Kosten nicht bewerkstelligen, da der einzige Netzbetreiber dieser Region die „Telekom" sei, die die Konkurrenz verdränge. Es wurde mehrfach die Forderung nach konkreten und zeitnahen Lösungsvorschlägen laut.

 

Datenschutzgrundverordnung verunsichert

Neben dem führenden Thema „Breitbandausbau" wurden aus dem Publikum noch Fragen zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestellt. Die BürgerInnen waren besorgt und verunsichert bezüglich der Komplexität der neuen Verordnung. Prinzipiell unterstütze man den Schutz von Daten, doch sehe man momentan nur eine Einschränkung effizienten Arbeitens sowie die Angst vor Abmahnungen bei ungewollten Verstößen. Von Peter und Köhler zeigten Verständnis und betonten gleichzeitig die Sinnhaftigkeit der Verordnung. Die DSGVO sei sehr aufwendig, schaffe aber mehr Transparenz und ermögliche Sanktionierungen bei Zuwiderhandlungen. Laut von Peter wurde erst mit der Verordnung ein kultureller Wandel angestoßen, der den Umgang mit Daten stark verändere und für Datenschutz sensibilisiere. Gleichwohl sei die Umsetzung der Verordnung noch nicht abgeschlossen. Die Datenschutzbeauftragten Europas stünden in regem Kontakt mit den Mitgliedsstaaten. Eine große Rolle würde vor allem die Meinung der BürgerInnen bei der Weiterentwicklung der neuen Bestimmungen spielen, um zu entscheiden, welche Maßnahmen sinnvoll für den zukünftigen Umgang mit Daten seien.

Die Diskussion zeigte, dass seitens BürgerInnen aus Neuzelle und Umgebung noch viel Geduld gefordert sein wird, bis die Breitbandleitung zufriedenstellend ausgebaut sein wird. Die Sorgen und Ängste bezüglich der Datenschutzgrundverordnung konnten allerdings durch die anwesenden Diskussionsteilnehmer relativiert werden.

 

Bild zur Meldung: Deutsche Gesellschaft e. V.